Current -- Peace, Love 7"

Tatsache: Beiträge zu unbekannteren Bands bekommen weniger Hits. Doof eigentlich -- die Bekannten kennt ihr doch eh schon alle. Egal, diese Woche geht's um die Debütsingle Peace, Love der absolut unbekannten Band CURRENT aus Syracuse, NY. Enjoy ...

Current ist natürlich ein selten dämlicher Name für eine Hardcoreband. Denn: es gab schon mal eine relativ bedeutende Band mit gleichem Namen, die von 1992 bis 1994 gemeinsam mit anderen Combos den klassischen Ebullition-Emocore-Sound prägte. Die hier vorgestellten Current sind aber von heute und jetzt und so und kommen aus Syracruse, NY, der Heimatstadt von ... na, wer weiß es? ... richtig, den almighty Earth Crisis. Auch wenn sich Current in den Neunzigern bedienen, haben sie musikalisch relativ wenig mit Büchner und Co. zu tun.

Peace, Love ist für ein Debüt ein verdammter Hammer. Es fängt schon beim Sound an: Wenn "Edge of Reality" auf der A-Seite einsetzt, meint man, irgendwelchen unreleasten Scheiß von Quicksand oder Handsome zu hören ... Mesa-Boogie-Geschrammel aus dem Off, darüber eine killermäßige Drum-Bass-Groove-Linie und dann die Riff-Wand! Erst mit dem Gesang wird klar, dass sich die Jungs zwar an der Soundästhetik von Schreifels orientieren, sich aber eindeutig als Hardcoreband verstehen: tadellos groovender Midtempo mit vielen Chugga-Chugga-Elementen (Neunziger, yeah!), kraftvolle Stimme und unaufdringliche Melodien stehen auf dem Programm. Die sechs Songs erinnern mich persönlich sehr stark an die klassischen Bands des legendären New Age Records Labels (sprich: Outspoken [mehr], Mean Season [weniger], Unbroken [weniger]), haben aber durch ihr modernes Gewand auch etwas von Bane und Comeback Kid. Auf jeden Fall herrlich unprollig, das Ganze.



Label: Six Feet Under Records
Extra: Mit sieben Songs unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis
Note: Empfehlenswert

Um euch die Band noch etwas näher zu bringen, hab ich ein kleines Interview mit ihnen gemacht. Los geht's:

1. Erzählt uns ein wenig über eure Band Current. Wer spielt bei euch und wo wart ihr vorher tätig?
Nun, Current besteht aus Benson, Jay, Ian, Klint und Ryan. Bevor wir mit Current anfingen, war Benson in Forfeit, Jay in Unholy und Merrimac und Ian spielte ebenfalls in Merrimac. Klint ist nach wie vor bei Reign Supreme am Start.

2. Warum habt ihr euch Current genannt? Gibt's da nicht Verwechslungen mit der bekannten Ebullition-Style-Emo-Band aus den Neunzigern?
Nein, nein. Wir sind Current, die Band aus der Gegenwart. Wir wollten eine Hardcoreband machen, die auf einer etwas positiveren Message basiert als das ganze Zeug, was gerade populär ist. Als wir anfingen, war Outspoken eine der Bands, an denen wir uns orientieren wollten. So kam Benson auf die Idee, unsere Band nach der Current EP von Outspoken zu benennen. Außerdem war es unser Ziel, einen Sound zurückzubringen, der gerade nicht mehr so beliebt ist -- current also.

3. Wie waren die Reaktionen auf eure Single und wie sehen eure Pläne aus?
Nun, wir haben seit dem erst eine Show gespielt, am 14. Juni mit Blacklisted in Philadelphia. Im Juli werden wir mit Verse auf deren Record-Release-Shows in Syracuse und Providence auftreten. Es sieht so aus, als würden wir zukünftig sehr weit voneinander entfernt wohnen, sodass wir die Bandaktivitäten auf ein Wochenende im Monat beschränken werden. Wir haben vor, an einer zweiten Single zu arbeiten, für die es auch schon Ideen gibt.

4. Ich finde euch als Hardcoreband schon etwas Quicksand / Far / Handsome-lastig. War es eine bewusste Entscheidung, in diese Richtung zu gehen?
Ursprünglich wollten wir Neunziger Hardcore kalifornischer Prägung machen, also Outspoken, Unbroken und so Sachen. Aber irgendwie kamen dann viele Einflüsse von Bands wie Supertouch und Quicksand hinzu, die wir sehr mögen.

5. Um was geht es in dem Titel "Peace, Love"?
Das ist der Titeltrack der EP. Eigentlich soll er die Message der anderen Songs vereinen. Es geht um einen Mangel an Liebe und Frieden. Das Cover-Artwork steht ziemlich im Kontrast zu dieser Aussage, was manche Leute zu anderweitigen Interpretationen veranlasst. Es geht um die Isolation und den Kampf in einer Welt, die von Lust, Gier und Hass regiert wird. Manchmal lehnt man sich trotz geringster Erfolgsaussichten dagegen auf und andere Male zerstört man dummerweise auch die kleinen Rettungsanker, die einem aus dieser Misere helfen könnten. Trotzdem sollte man weiterkämpfen.

6. Wie ist eure Verbindung zur Syracruse-Hardcore-Szene? Hierzulande wird das durch den Einfluss von Bands wie Earth Crisis und Framework oftmals als Vegan-Straight-Edge-Mekka wahrgenommen. Wie sieht's momentan in Syracruse aus und welche Bands sollte man auschecken?
Über Jahre hinweg gab es einen Haufen schrecklicher Bands, die die Tradition der HC-Szene in Syracruse mit Füssen traten. Sie wollten ihr eigenes Ding etablieren. Alle Combos, die sich selbst mit Labels wie "ACHC" oder "Assault City Hardcore" bezeichnen, gehören dazu. Die kann man getrost abschreiben. Das ist alles andere als cool. Diese Leute haben keinen Respekt für die Geschichte des wahren Syracuse-Hardcore.
Seit kurzem sieht es aber wieder ganz positiv aus. Es gibt die Seite syracusehardcore.com - auf der alle Shows gelistet sind. Demnächst wird es da noch andere coole Sachen geben. Neben Earth Crisis, die immer noch voll dabei sind, fallen mir spontan drei andere Bands ein, die ganz interessant sein dürften: Tolerate, The Storm und Trail of Lies.

  • Tolerate sind coole Typen; junge Kids, die voller Enthusiasmus auf jeder Show abgehen. Sie spielen so einen Youth-Crew-Style und haben gerade bei Reaper Records angeheuert.
  • The Storm sind fünf Kerle, die bereits seit Ewigkeiten in Bands spielen und immer zu den lokalen Shows kommen. Ein paar meiner besten Freunde sind auch dabei. Ihren Stil würde ich als sehr basic bezeichnen. Sehr gut gespielter Hardcore im Stile von Agnostic Front zu Zeiten von One Voice.
  • Trail of Lies sind die klassischste Syracuse-Band seit dem Verschwinden der Originale aus den Neunzigern. Ihre Musik ist heavy, metallisch und erinnert ein wenig an Another Victim mit diesen für Syracruse typischen sozialen/politischen Texten.

Es gibt noch zwei Bands, die nicht unbedingt der Hardcoreszene zuzurechnen sind, die ihr aber trotzdem auschecken solltet: Dirty Human und Black Throat Wind. Dirty Human sind unglaublich heavy und dürften Leuten gefallen, die Sachen wie Torche und Floor mögen. Black Throat Wind haben sich eher so einem spacigen Indierock-Sound verschrieben.

Zu unserer Verbindung zu Syracruse muss ich sagen, dass zwei Mitglieder in Brooklyn leben und einer in Philly wohnt. Nur zwei Leute von Current kommen aus Syracuse, sodass wir eigentlich keine richtige Syracuse-Band sind. So oder so gehe ich aber zu jeder Show in Syracuse und fahre auch weiter weg, um Earth Crisis und unsere neuen Syracuse-Bands zu supporten.

OFF-TOPIC I

Diese Woche habe ich nach langer Suche endlich die Urban Discipline von Biohazard auf Vinyl gefunden und erstanden. War nicht ganz billig, aber jeden Cent wert. Klar, die Typen sind höchstwahrscheinlich Deppen, Musik und Texte eher amüsant als ernstzunehmen, aber das ist halt der Shit, mit dem ich aufgewachsen bin und der mir nach wie vor sehr viel bedeutet. It's all about the nineties, baby! Auf dem Foto gugt 279 wahrscheinlich deshalb so deprimäßig, weil ich nicht nur dieses Schmuckstück ergattert, sondern ihm auch noch die letzte Murder City Devils 7" vor der Nase weggeschnappt habe.

OFF-TOPIC II

Ich hab mit einem Freund aus Spanien eine Spotify-Playlist angefangen. Es ist eine Art Mixtape mit dem Titel "It's getting hot in here". Die Idee besteht darin, jeden Tag einen Song hinzuzufügen und dadurch sowohl unseren eigenen als auch den Horizont unserer Follower zu erweitern. Wenn ihr euch das mal anschauen mögt, checkt den Blog auf xxxhotinherexxx.tumblr.com -- da gibt es Fotos, Kommentare zu den Songs und anderen Shit. Die Playlist findet ihr unter open.spotify.com

Viel Spaß.

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Current -- Peace, Love 7" (Six Feet Under Records), 2012