Neulich: Ich im Zug von Magdeburg nach Berlin. Dreisterweise in der ersten Klasse, wegen Steckdose für Notebook und so. Vier Sitzplätze weiter vorn sitzt ein Kerl mittleren Alters mit wanna-be-coolen Outdoor-Klamotten und starrt mich an. Ab und an glotzt er in einen Reiseführer für Lappland oder irgend so einen Dreck. Nach einer halben Stunde platzt ihm dann der Kragen.
"Können Sie Ihren Kaugummi vielleicht so kauen, dass ich es nicht hören muss?"
"Alter, hakts jetzt oder was?!", denk ich, sag aber was anderes. "Klar doch. Wenn Sie wollen, höre ich auch auf zu atmen."
Er checkt's natürlich nich, sondern räuspert sich nur despektierlich und liest dann weiter über Sameland. Ich will irgendwas sagen, irgendwas machen, mich irgendwie "rächen", aber mir fällt nichts Gutes ein. Meine Nalgene-Pulle mit Natursekt füllen und ihm am Ostbahnhof über seine Outdoor-Uniform kippen? Pöbeln? Demonstrativ einen weiteren Streifen 5 GUM einschieben und noch lauter kauen? Mich neben ihn setzen? Ihm sein Lapplandschmöcker um die Ohren knallen? Alles zu harmlos. Alles zu lasch. Eigentlich müsste ich die beschissene Notbremse ziehen und Jeff Lohrber anrufen, damit der mit seinen Krawallbrüdern und -schwestern von ENABLER einreitet, seinen Krempel in diesem bekloppten Erste-Klasse-Abteil aufbaut, um die Songs von Shift Of Redemption zu intonieren. Ansage vor dem ersten Stück würde dann lauten: "This song is called 'Live Low'. It’s for all the fucking Outdoor-Wichser in this cabin. You are the scum of the earth." Dann Feedback, "One, Two, Three, Go!", D-Beat-Alarm an, das Riff drauf und dieser göttliche Refrain direkt in die Fresse des Lapplandspacken:
FUCK YOU,
FUCK YOU,
FUCK YOU FOREVER!!!
Gewaltphantasie-Modus aus. Plattenbesprechungs-Modus an. Die Shift Of Redemption 7" von ENABLER ist ein gottverdammter Bulldozer, wie ich ihn von dieser Band nicht mehr erwartet hätte. Eigentlich dachte ich nach dem Wechsel zu Southern Lord, dass das Thema durch wäre. Aber denkste! In der richtigen Lautstärke macht diese Single einfach alles platt. Druckvolle und glasklare Produktion, smartes Songwriting von absoluten Prog-Crust-Metal-Füchsen und – angesichts des Genres und des Formats besonders bemerkenswert – extrem abwechslungsreich! Komplexe Strukturen und Ideen in Vier-Minuten-Nummern wie "Shift Of Redemption" stehen völlig selbstverständlich neben primitivsten Brechersongs wie "Live Low". Und diese Energie … Wer die Scheibe morgens auflegt, hat genug Hass getankt, um durch den Tag zu kommen.
Einzig das Cover ist eine Frechheit. Ehrlich gesagt, hab ich aber von ENABLER nichts anderes erwartet. Musikalisch ganz weit vorn, sind die Damen und Herren aus Milwaukee in Sachen visuelle Präsentation stets absolutes Schlusslicht. War schon immer so, wird auch immer so sein.
Label: Think Fast! Records
Extra: Augenkrebs-Cover.
Note: The world is fucked and this is the soundtrack to it's demise. (Zitat, Lohrber)
Eigentlich hat mich schon immer die Person von Andy Hurley fasziniert, der zeitweise Schlagzeug bei ENABLER gespielt hat, letztes Jahr aber ersetzt wurde. Leider hab ich bisher noch kein Interview mit dem Kerl hinbekommen, dafür aber eins mit ENABLER-Mastermind Jeff Lohrber. Ist zwar von 2012 und nicht super erkenntnisreich, aber was soll’s:
"Können Sie Ihren Kaugummi vielleicht so kauen, dass ich es nicht hören muss?"
"Alter, hakts jetzt oder was?!", denk ich, sag aber was anderes. "Klar doch. Wenn Sie wollen, höre ich auch auf zu atmen."
Er checkt's natürlich nich, sondern räuspert sich nur despektierlich und liest dann weiter über Sameland. Ich will irgendwas sagen, irgendwas machen, mich irgendwie "rächen", aber mir fällt nichts Gutes ein. Meine Nalgene-Pulle mit Natursekt füllen und ihm am Ostbahnhof über seine Outdoor-Uniform kippen? Pöbeln? Demonstrativ einen weiteren Streifen 5 GUM einschieben und noch lauter kauen? Mich neben ihn setzen? Ihm sein Lapplandschmöcker um die Ohren knallen? Alles zu harmlos. Alles zu lasch. Eigentlich müsste ich die beschissene Notbremse ziehen und Jeff Lohrber anrufen, damit der mit seinen Krawallbrüdern und -schwestern von ENABLER einreitet, seinen Krempel in diesem bekloppten Erste-Klasse-Abteil aufbaut, um die Songs von Shift Of Redemption zu intonieren. Ansage vor dem ersten Stück würde dann lauten: "This song is called 'Live Low'. It’s for all the fucking Outdoor-Wichser in this cabin. You are the scum of the earth." Dann Feedback, "One, Two, Three, Go!", D-Beat-Alarm an, das Riff drauf und dieser göttliche Refrain direkt in die Fresse des Lapplandspacken:
FUCK YOU,
FUCK YOU,
FUCK YOU FOREVER!!!
Gewaltphantasie-Modus aus. Plattenbesprechungs-Modus an. Die Shift Of Redemption 7" von ENABLER ist ein gottverdammter Bulldozer, wie ich ihn von dieser Band nicht mehr erwartet hätte. Eigentlich dachte ich nach dem Wechsel zu Southern Lord, dass das Thema durch wäre. Aber denkste! In der richtigen Lautstärke macht diese Single einfach alles platt. Druckvolle und glasklare Produktion, smartes Songwriting von absoluten Prog-Crust-Metal-Füchsen und – angesichts des Genres und des Formats besonders bemerkenswert – extrem abwechslungsreich! Komplexe Strukturen und Ideen in Vier-Minuten-Nummern wie "Shift Of Redemption" stehen völlig selbstverständlich neben primitivsten Brechersongs wie "Live Low". Und diese Energie … Wer die Scheibe morgens auflegt, hat genug Hass getankt, um durch den Tag zu kommen.
Einzig das Cover ist eine Frechheit. Ehrlich gesagt, hab ich aber von ENABLER nichts anderes erwartet. Musikalisch ganz weit vorn, sind die Damen und Herren aus Milwaukee in Sachen visuelle Präsentation stets absolutes Schlusslicht. War schon immer so, wird auch immer so sein.
Label: Think Fast! Records
Extra: Augenkrebs-Cover.
Note: The world is fucked and this is the soundtrack to it's demise. (Zitat, Lohrber)
Eigentlich hat mich schon immer die Person von Andy Hurley fasziniert, der zeitweise Schlagzeug bei ENABLER gespielt hat, letztes Jahr aber ersetzt wurde. Leider hab ich bisher noch kein Interview mit dem Kerl hinbekommen, dafür aber eins mit ENABLER-Mastermind Jeff Lohrber. Ist zwar von 2012 und nicht super erkenntnisreich, aber was soll’s:
- Erzähl uns doch bitte ein wenig über den Background von ENABLER … Wann habt ihr angefangen, in welchen Bands habt ihr zuvor gespielt etc. pp.
- ENABLER begann im Dezember 2009 und ging aus einem Projekt namens SAVIOR FOR A FALLEN HERO hervor, das mehr oder weniger eine Solokiste war. Ich hatte einige Songs mit einem Drumcomputer geschrieben, und später spielten wir zwei Shows unter dem Namen SFAFH, aber das brach ziemlich schnell auseinander. Ich fasste den Entschluss, nicht mehr einfach nur Drums zu spielen, sondern Gitarre und Vocals in einer Band zu übernehmen. Zuvor hatte ich in der Band HARLOTS gespielt und war Tourdrummer für TRAP THEM, TODAY IS THE DAY, SHAI HULUD und andere mehr. Die anderen Mitglieder von ENABLER haben aber auch in einigen sehr interessanten Bands gespielt.
- Ich hab was von Besetzungswechseln gelesen. Was hat es damit auf sich? Warum ist Andy Hurley nicht mehr in der Band?
- In dieser Band kommen und gehen die Leute manchmal sehr schnell. Es funktioniert so: Ich schreibe alle Songs, und andere Musiker kommen in die Band, um eine Zeitlang mit mir zusammenzuspielen. Irgendwann kommt dann aber der Punkt, an dem sie andere Prioritäten haben und es ergeben sich Konflikte mit den Plänen der Band. ENABLER muss aber weitermachen, und so trennt man sich. Größtenteils läuft das aber relaxt ab und die ehemaligen Mitglieder wünschen mir und der Band meist alles Gute. Umgekehrt ist es genauso in Bezug auf die Bands und Projekte, für die sich ehemalige Bandmitglieder entschieden haben. Momentan besteht ENABLER aus mir (Git./Vox), Eric Dunn (Git.), Amanda Daniels (Bass) und Dave Mann (Drums). Ich bin schon seit sehr langer Zeit ein großer Fan von Daves Band MOUTH OF THE ARCHITECT und seiner Art Schlagzeug zu spielen. Von daher ist es einfach fantastisch, jetzt mit ihm die Bühne teilen zu können. Mit Eric habe ich schon in HARLOTS zusammengespielt, und ehrlich gesagt, ist die Gitarrenarbeit in ENABLER jetzt besser als jemals zuvor. Andy spielt jetzt mit der Milwaukee Straight Edge Band FOCUSED MINDS, was für ihn besser zu funktionieren scheint.
- Inwiefern unterscheidet sich die All Hail The Void auf Southern Lord Records von den Singles und Splits der Vorjahre?
- Songwriting und Produktion auf dieser Platte stellen für mich eine natürliche Weiterentwicklung zu unserem bisherigen Material dar. Klar ist diese Platte anders als unser Zeug vorher, aber im Grunde sind wir noch die Alten. Es ist schnell, heavy, pissed und so ziemlich das Beste, was ich bis jetzt in Sachen Songwriting zustande gebracht habe.
- ...
- Was ist das Ziel der Band?
- Ganz einfach: Wir wollen Platten rausbringen und so viele Shows an so vielen unterschiedlichen Orten wie nur irgend möglich spielen.
- Wo liegen deine Einflüsse, wenn du Material für ENABLER schreibst?
- Da gibt es Unmengen von Input, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Alte Sepultura, Metallica, Megadeth, From Ashes Rise, Def Leppard, Propagandhi und so weiter. Ich ziehe aber auch viel aus Bands, die für unsere Musik eher als untypische Einflussgrößen gelten: AC/DC oder Imperial State Electric zum Beispiel.
- Mein Lieblingssong von ENABLER ist "No Love, No Hope, No Fear". Kannst du erklären, worum es darin geht?
- Danke für die Blumen! Das ist ein älterer Song von der War Begins With You 7". Ich versuche schon seit einiger Zeit, diesen Song wieder in unser Live-Set zu integrieren. In dem Text geht es darum, wie es wäre, ein Soldat in einem Krieg zu sein; ein Typ, dem man das Gehirn gewaschen hat und der alles killt, was er sieht – ohne Hoffnung auf Überleben und ohne Angst vor dem Tod.
- Was hat's mit dem Beastie-Boys-Cover auf sich? Wie ist es dazu gekommen?
- Ich liebe Ill Communication. Schon immer. Seit Ewigkeiten schleppe ich den Wunsch mit mir herum, die beiden Hardcore-Songs auf dieser Platte zu covern. Als es dann soweit war, hatten wir alle ein riesiges Grinsen in unseren Gesichtern. Dieser Breakdown hört sich einfach so megaheavy mit den runtergestimmten Gitarren an. Ich liebe das!
- Kannst du uns ein paar nicht-Hardcore-/Punk-Acts empfehlen, die du richtig magst?
- Ich liebe frühe Def Leppard, Bruce Springsteen, Imperial State Electric, The Smiths, Neil Young, The Solution, Led Zeppelin, Deep Purple, frühe U2 etc. Das ist so das Zeug, was ich viel auf dieser Tour gehört habe. Ich bin jeden Abend auf einer Metal-/Hardcore-Show … da krieg ich Kopfschmerzen, wenn ich mir das Zeug auch noch auf den Fahrten zwischen den Konzis anhören würde.