Xiu Xiu / Parenthetical Girls -- Split 7“


Meine Bürokollegin gestern: Ey, Daniel, was machst du eigentlich hier? Ich meine, arbeitest du überhaupt mal?
Ich: Wieso?
Sie: Na ja, du liegst den ganzen auf dem Sofa, liest in einem Buch rum und streichst dir irgendwelche Sachen an.
Ich: Ja, genau, das mache ich. Und?
Sie: Ähm, na ja, aber wann arbeitest du mal?
Ich: Das ist meine Arbeit.
Sie: Auf einem Sofa rumliegen und ein Buch lesen?
Ich: Ja. Das ist meine Arbeit. Ich bin Übersetzer und manchmal muss ich tagelang Bücher lesen und mir Notizen machen.
Sie: Ach, du bist Übersetzer?
Ich: Yo.
Sie: Und du übersetzt das Buch, das du da gerade liest?
Ich: Genau.
Sie: Ist das denn spannend?
Ich: Die Arbeit oder das Buch?
Sie: Das Buch.
Ich: Wieso sollte es denn nicht spannend sein?
Sie: Na ja, isn Paperback.
Ich: Ich weiß nich, was ich darauf antworten soll.

Label: Upset! The Rhythm
Extra: Geiles Cover.
Note: Für Leute mit einem Faible für verstörende Coverversionen von Morrissey-Songs empfehlenswert. Für den Rest der Welt Zeitverschwendung.

Ja, ich bekenne! Ich hab einen soft spot für Großbritanniens Heulsuse Number One. War aber nicht immer so. Ich weiß noch ziemlich genau, wie sehr ich The Smiths gehasst habe, als ich sie vor zwanzig Jahren kennen lernte. In dem Kaff, aus dem ich komme, gab es eine Clique von Punk-Kids in meinem Alter. Slime und Inferno waren unsere Helden. Die älteren Brüder meiner Punk-Buddys waren bereits in der nächsten Phase der immer gleichen Metamorphose vom Bushaltestellen-Punk zum Independent-Fan angekommen und hörten The Wedding Present, The Housemartins und, wie sollte es auch anders sein, The Smiths. Punk war ihnen zu primitiv geworden. Mir hingegen konnte es gar nicht primitiv genug sein. Im Gegensatz zu meinen Punk-Buddys, die sich brav nach dem Vorbild ihrer großen Brüder entwickelten, brannte ich jedes Jahr mehr für maximalbrutale Bands mit Neanderthaler-Attitude. Logische Konsequenz: Ich begann The Smiths und all diese lahmarschigen Intellektuellen-Popbands zu hassen. Leidenschaftlich.

Als Emo am Ende der Neunziger endgültig totgemurkelt worden war und die Frage „Was nun?“ beantwortet werden wollte, gab ich Moz eine zweite Chance und verknallte mich heftigst. Klar, in meiner Wahrnehmung hörte ich The Smiths ganz anders als meine ehemaligen Dorfpunk-Buddys. Ich bildete mir ein, den Meister und seine Musik zu verstehen. Ihn wirklich zu verstehen. Mindestens so gut wie Rob Moran oder Eric Allen.


Auch Jamie Stewart von Xiu Xiu und Zac Pennington von Parenthetical Girls haben Morrissey und seine Musik verstanden. Ganz anders als ich zwar, aber das ist ja immer so. Aus diesem Verständnis ist eine Split-Single entstanden, auf der sich Versionen von Morrisseys "I Am Hated For Loving" und dem Smiths-Song "Handsome Devil" befinden. Xiu Xiu haben ersteren mit den Möglichkeiten eines Gameboy interpretiert und ein ganz in ihrer Tradition stehendes, wunderbar verstörendes Popstück aufgenommen, das so dunkel ist, wie es die Lyrics verdienen. Parenthetical Girls orientieren sich mit ihrer Version von "Handsome Devil" näher am Original, spielen es aber selbstverständlich nicht einfach nach. Für die Verhältnisse der Portland-Combo relativ peppig, ja fast schon hart geraten, ist ihr "Handsome Devil" besonders wegen des unerhört guten Gesangs und der theatralischen Bläsereinsätze noch dramatischer als das Original.
Prädikat: Lovin it!!!