VÖ: 2014
Extra: Schwarzweiß-Vorschulästhetik
Note: Geiler Motörhead-Crust mit Powerviolence-Kante und anständig Attitude
Ewigkeiten ist's her, da hab ich mal eine Platte der Band Holy geschenkt bekommen. Eine LP war's mit schwarzweißem Cover. Was das für Musik war, kann ich nicht sagen, da ich mir die Scheibe nicht einmal angehört habe.
"Hier, Schmelzer, is so Geknüppel. Aus Italien. Könnte dir gefallen", hatte der Schenker gesagt, und der Beschenkte -- also ich -- hatte gedacht: "Warum bin ich eigentlich auf Dreschen, Knüppeln und Rülpsen aboniert, wo ich doch Tag ein Tag aus nur U2 höre?" Und dann hatte er -- also ich -- auch noch gedacht: "Aus Italien?! Ich kenne nicht eine gute Band aus Italien und ich glaube kaum, dass sich das mit dieser Platte ändern wird."
Ignorant wie ich nun einmal bin, lasse ich diese Scheibe seit nunmehr drei Jahren konsequent im Regal vor sich hinrotten -- ungeöffnet, ungehört. Wahrscheinlich hoffe ich insgeheim, dass sie sich in Luft auflöst und ich dem Schenker nie die unvermeidliche Frage "Na, wie fandste das Geknüppel aus Italien?" beantworten muss.
Als ich besagte Platte fast schon aus meinem Hirn verdrängt hatte, wurde ich neulich wieder an sie erinnert, als ein paar Bekannte über ein Konzert der Band Tørsö sprachen. Bei Tørsö toben sich wohl nicht nur irgenwelche Punch-Leute aus, sondern auch der Drummer von Holy. Sofort war mein schlechtes Gewissen wieder da, und ich konnte nicht anders, als Tørsö und ihrer kürzlich veröffentlichten Community Psychosis 7" eine Chance zu geben. Eine Wiedergutmachung an den Italienern? Maybe.
Ums kurz zu machen: Die Tørsö 7" ist geiler Motörhead-Crust mit Powerviolence-Kante und anständig Attitude. Vegan Straight Edge mal ohne Collegejacken und Nike Air. Zudem noch zwei Frauen am Start. Pluspunkte in allen Kategorien. Wer auf den Sound steht, kann bedenkenlos zugreifen.
Aus meiner Sicht hat diese Platte nur ein Problem. Das Cover. Diese Schwarzweiß-Vorschulästhetik ist so eine Sache. Mit viel Mühe kann ich das noch als charmant empfinden. Das Motiv -- ein menschliches Gerippe mit Vampirzähnen, das einem heulenden Mädchen von hinten auf die Schulter fasst -- fällt bei mir aber durch. Ich weiß, das muss so. Ich weiß, das ist Punk. Aber trotzdem ...
Ach ja, mittlerweile hab ich mir auch die Holy s/t LP angehört, die in Wirklichkeit eine Mini-LP ist, (was für ein überflüssiges Format) und 2012 auf Hell, Yes! Records erschien ... und ich glaube, ich warte immer noch auf die erste wirklich gute Band aus Italien.