Worte lenken ab, wenn man mit Worten arbeitet, und so höre ich bei der Arbeit meist Instrumentalmusik. Elektro-Geplucker, Ambient, Techno, Postrock, Jazz, Soundtracks aber so gut wie nie klassische Musik, zu der ich einfach keinen Zugang zu finden scheine. Auf der Suche nach geeigneten Maloche-Soundtracks stieß ich irgendwann auf Erased Tapes Records aus London, die seit 2007 Avantgarde-Musik aus verschiedenen Genres veröffentlichen. Meist handelt es sich dabei um neoklassisches Piano-Geklimper oder flächigen Elektro-Bums. Nichts, was wehtut. Fahrstuhlmusik. Warm, melancholisch, unprätentiös. Für meine Zwecke absolut ideal.
Fazit 1: Erased Tapes Records sind geil. Allerdings sollten sie das 7-Inch-Format aufgeben.
Fazit 2: Augen auf beim Kauf von Küchengeräten und im Zweifel deutsche Traditionsunternehmen meiden.
Auf 7-Inch-Format ist das natürlich witzlos, weshalb ich mich im Nachhinein auch etwas über diese Anschaffung ärgere. Zwei Mal Fünf Minuten Pianoimprovisation von den Herren Arnalds und Frahm -- wunderschön, aber wenn die Nadel von der Platte springt, fragt man sich trotzdem: "War was?"
Wie diese Platte ihren Weg in meine Sammlung fand? Nun, ich stand im Michelle Records in Hamburg und wollte mir auf Teufel komm raus eine Kleinigkeit mitnehmen. Wer den Laden kennt, der weiß: Da gibt's alles, außer Punk. Auf allen Formaten, außer 7 Inches. Und da Nils Frahm und Ólafur Arnalds im wirklich sehr begrenzten Indie-Single-Angebot des Schuppens die einzigen mir bekannten Namen waren ... habe ich zugegriffen. Trotzdem guter Laden, dieses Michelle Records (wenn man nicht gerade Hardcore/Punk 7"s sucht).
Durch das Stichwort "Maloche-Soundtracks" kann ich jetzt auch eine zugegebenermaßen etwas gestelzte Überleitung zu meiner Arbeit machen. Und zwar übersetze ich momentan ein sehr interessantes, aber auch sehr bitteres Stück Zeitgeschichte: Das Transkript einer Gerichtsverhandlung, in der 1946 ehemalige KZ-Aufseherinnen belangt werden sollten. Im Laufe der Verhandlung werden auch ehemalige Häftlinge dieses Lagers in den Zeugenstand gerufen, und vom Anwalt der beschuldigten Aufseherinnen ins Kreuzverhör genommen. Der Kerl, also der Anwalt, ist natürlich ebenfalls Nazi und bemüht sich nach Kräften, die Häftlinge zu diskreditieren und zu Mitschuldigen zu machen. Das Ganze gipfelt dann in der Befragung einer Frau, die dafür verantwortlich war, die Arbeitsleistung ihrer Zwangsarbeit leistenden Mitgefangenen zu protokollieren und an die Firmenzentrale (Siemens!) weiterzuleiten. Geringe Arbeitsleistung bedeutete in diesem Lager die Überstellung in ein Todeslager und die sehr wahrscheinliche Ermordung durch Vergasung.
Nun, und was fragt dieser Nazi-Anwalt ein Jahr nach Kriegsende in einem deutschen Gerichtssaal die Shoa-Überlebende im Zeugenstand, um seine Nazi-Kolleginnen "zu entlasten"? Er fragt sie, wie sie ohne Gewissensbisse die Zahlen weiterleiten konnte. Sie hätte doch schließlich gewusst, was mit Häftlingen bei geringer Arbeitsleistung geschehen würde. Und obwohl die Frau antwortet, dass sie ständig von den KZ-Aufseherinnen überwacht und kontrolliert wurde und es keine Möglichkeit gab, die Zahlen zu manipulieren, bohrt der Nazi-Anwalt weiter, mach das Opfer zur Täterin und wirft ihr vor, nichts unternommen zu haben und mindestens mitschuldig am Tod ihrer Mithäftlinge gewesen zu sein ...
Wenn man solche Texte bearbeitet und nebenbei Nils Frahm oder Ólafur Arnalds hört, dann träumt man nachts nichts Gutes, das kann ich euch versichern.
Wie diese Platte ihren Weg in meine Sammlung fand? Nun, ich stand im Michelle Records in Hamburg und wollte mir auf Teufel komm raus eine Kleinigkeit mitnehmen. Wer den Laden kennt, der weiß: Da gibt's alles, außer Punk. Auf allen Formaten, außer 7 Inches. Und da Nils Frahm und Ólafur Arnalds im wirklich sehr begrenzten Indie-Single-Angebot des Schuppens die einzigen mir bekannten Namen waren ... habe ich zugegriffen. Trotzdem guter Laden, dieses Michelle Records (wenn man nicht gerade Hardcore/Punk 7"s sucht).
Durch das Stichwort "Maloche-Soundtracks" kann ich jetzt auch eine zugegebenermaßen etwas gestelzte Überleitung zu meiner Arbeit machen. Und zwar übersetze ich momentan ein sehr interessantes, aber auch sehr bitteres Stück Zeitgeschichte: Das Transkript einer Gerichtsverhandlung, in der 1946 ehemalige KZ-Aufseherinnen belangt werden sollten. Im Laufe der Verhandlung werden auch ehemalige Häftlinge dieses Lagers in den Zeugenstand gerufen, und vom Anwalt der beschuldigten Aufseherinnen ins Kreuzverhör genommen. Der Kerl, also der Anwalt, ist natürlich ebenfalls Nazi und bemüht sich nach Kräften, die Häftlinge zu diskreditieren und zu Mitschuldigen zu machen. Das Ganze gipfelt dann in der Befragung einer Frau, die dafür verantwortlich war, die Arbeitsleistung ihrer Zwangsarbeit leistenden Mitgefangenen zu protokollieren und an die Firmenzentrale (Siemens!) weiterzuleiten. Geringe Arbeitsleistung bedeutete in diesem Lager die Überstellung in ein Todeslager und die sehr wahrscheinliche Ermordung durch Vergasung.
Nun, und was fragt dieser Nazi-Anwalt ein Jahr nach Kriegsende in einem deutschen Gerichtssaal die Shoa-Überlebende im Zeugenstand, um seine Nazi-Kolleginnen "zu entlasten"? Er fragt sie, wie sie ohne Gewissensbisse die Zahlen weiterleiten konnte. Sie hätte doch schließlich gewusst, was mit Häftlingen bei geringer Arbeitsleistung geschehen würde. Und obwohl die Frau antwortet, dass sie ständig von den KZ-Aufseherinnen überwacht und kontrolliert wurde und es keine Möglichkeit gab, die Zahlen zu manipulieren, bohrt der Nazi-Anwalt weiter, mach das Opfer zur Täterin und wirft ihr vor, nichts unternommen zu haben und mindestens mitschuldig am Tod ihrer Mithäftlinge gewesen zu sein ...
Wenn man solche Texte bearbeitet und nebenbei Nils Frahm oder Ólafur Arnalds hört, dann träumt man nachts nichts Gutes, das kann ich euch versichern.
Fazit 1: Erased Tapes Records sind geil. Allerdings sollten sie das 7-Inch-Format aufgeben.
Fazit 2: Augen auf beim Kauf von Küchengeräten und im Zweifel deutsche Traditionsunternehmen meiden.
Ólafur Arnalds, Nils Frahm -- Life Story / Love And Glory 7", Erased Tapes Records (2015)